Sozialrecht: Die Beurteilung der Facharbeitereigenschaft des Klägers im Rahmen der Klage auf Frührente vor dem Sozialgericht.

Sächsisches Landessozialgericht, 21.01.2014, Az.: L 5 R 689/12

Im Gegensatz zu dem in der Zivilgerichtsbarkeit geltenden Verhandlungsgrundsatz gilt in der Sozialgerichtsbarkeit der Amtsermittlungsgrundsatz (§ 103 SGG). Dieser besagt, dass das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen erforschen muss.

Die Beteiligten sind somit zwar bei der Ermittlung des Sachverhalts heranzuziehen, sie sind aber nicht damit belastet, selbst alle Tatsachen und Beweise in den Prozess einzuführen.

Durchbrochen wird dieser Amtsermittlungsgrundsatz allerdings zum Beispiel bei Klagen auf Rente wegen Erwerbsminderung (Frührente) durch § 109 SGG.

Stellt der Kläger in einem solchen Verfahren den Antrag nach § 109 SGG, ist das Gericht gezwungen, ein Gutachten bei einem vom Kläger zu benennenden Arzt einzuholen. Dieses Antragsrecht sichert die vor dem Gericht notwendige Chancengleichheit, da dem Kläger regelmäßig kein medizinischer Sachverstand zur Seite steht.

Ein solches Gutachten gilt dann nicht als Parteigutachten, sondern als neutrales Gutachten.

In dem oben genannten Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts hatte dieses darüber zu entscheiden, ob ein mehrfach qualifizierter Kläger wegen eines Arbeitsunfalls als voll oder teilweise erwerbsgemindert eingeschätzt werden musste.

Sachverhalt: Berufliche Laufbahn und gesundheitliche Einschränkungen des Klägers

Der Kläger, geboren 1952, absolvierte von 1966 bis 1969 eine Ausbildung zum Dachdecker und arbeitete bis 1973 in diesem Beruf. Anschließend wechselte er in den Bereich des Berufskraftfahrers und erlangte 1978 den Facharbeiterabschluss. Weitere Stationen seiner beruflichen Laufbahn umfassen Tätigkeiten als Lagerarbeiter, Bauarbeiter und erneut als Berufskraftfahrer. Im Jahr 2008 erlitt er einen Arbeitsunfall, der zu schwerwiegenden Verletzungen führte. Dies hinderte ihn daran, seine Arbeit fortzusetzen. Infolgedessen beantragte er 2009 und 2011 eine Rente wegen Erwerbsminderung, die beide Male abgelehnt wurde.

Gerichtliche Auseinandersetzung: Rentenanträge und Gutachten

Der Kläger erhob Klage gegen die Ablehnungsbescheide. Das Sozialgericht Chemnitz wies die Klage 2012 ab und argumentierte, der Kläger könne auf eine zumutbare Tätigkeit als Pförtner verwiesen werden. Der Kläger legte Berufung ein und betonte eine Verschlechterung seines Gesundheitszustands. Er litt unter anhaltenden Schmerzen im Knie, Taubheitsgefühlen und Gehbehinderungen, was ihn daran hinderte, die zumutbaren Tätigkeiten auszuüben.

Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts: Anspruch auf teilweise Erwerbsminderungsrente

Das Sächsische Landessozialgericht gab der Berufung teilweise statt. Es entschied, dass der Kläger ab dem 01.02.2011 Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit habe. Der Kläger könne seinen zuletzt ausgeübten Beruf als Berufskraftfahrer aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen nicht mehr ausüben. Allerdings sei er in der Lage, leichte Tätigkeiten, wie etwa die eines Pförtners, mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Ein Anspruch auf volle Erwerbsminderung bestehe nicht, da er weiterhin arbeitsfähig sei.

Rechtliche Grundlagen und Bewertung der Berufsunfähigkeit

Das Gericht stützte sich auf § 240 SGB VI, der Versicherte als berufsunfähig definiert, wenn sie aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen nicht mehr als sechs Stunden täglich arbeiten können. Die Beurteilung der Berufsunfähigkeit erfolgte anhand des letzten Berufs des Klägers, in diesem Fall des Berufskraftfahrers. Trotz der Einschränkungen erkannte das Gericht, dass der Kläger keine vollwertige Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI aufweise. Entscheidend war die Einschätzung, dass der Kläger auf eine Tätigkeit verwiesen werden könne, die ihm sozial und gesundheitlich zumutbar sei.

Diese Entscheidung hebt hervor, dass subjektive Beschwerden allein keinen Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente begründen, solange objektive Gutachten eine Erwerbsfähigkeit bestätigen.

Quelle: Sächsisches Landessozialgericht

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