Landgericht Köln, 07.07.2016, Az.: 29 S 180/15
Die einem Gesellschafter durch den Gesellschaftsvertrag übertragene Befugnis zur Geschäftsführung kann ihm durch einstimmigen Beschluss oder, falls nach dem Gesellschaftsvertrag die Mehrheit der Stimmen entscheidet, durch Mehrheitsbeschluss der übrigen Gesellschafter entzogen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt; ein solcher Grund ist insbesondere grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung, so bestimmt es §712 BGB.
Ist im Gesellschaftsvertrag bestimmt, dass, wenn ein Gesellschafter kündigt, die Gesellschaft unter den übrigen Gesellschaftern fortbestehen soll, so kann ein Gesellschafter, in dessen Person ein die übrigen Gesellschafter nach § 723 Abs. 1 Satz 2 zur Kündigung berechtigender Umstand eintritt, aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden. Das Ausschließungsrecht steht den übrigen Gesellschaftern gemeinschaftlich zu. Die Ausschließung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem auszuschließenden Gesellschafter.
Diese Vorschriften wendet die überwiegende Rechtsauffassung auch auf die Verwaltung einer Wohnungseigentümergemeinschaft an.
Dabei stellt das Landgericht Köln klar, dass bei der Entscheidung über die Abberufung des Verwalters aus wichtigem Grund, der Verwalter selbst auch nicht als Bevollmächtigter – so nur bei der Verwalterbestellung – über seine Abberufung mit abstimmen darf.
Sachverhalt und Klagegegenstand
Die Parteien sind Eigentümer in einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Am 5. Februar 2015 fand eine Eigentümerversammlung statt, in der unter anderem über die Abberufung der W GmbH als Verwalter abgestimmt wurde. Der Antrag, den Verwalter mit sofortiger Wirkung abzuberufen, wurde abgelehnt. Der Kläger erhob daraufhin Anfechtungsklage und beanstandete die Ungültigkeit des Beschlusses zu Tagesordnungspunkt 6 (TOP 6). Die Ladungsfrist zur Versammlung sei zu kurz gewesen, und wichtige Informationen seien den Eigentümern vorenthalten worden. Außerdem seien nicht alle Wohnungseigentümer eingeladen worden, und der Kläger zweifelte die Beschlussfähigkeit der Versammlung an.
Rechtsstreit über die Stimmrechtsausübung des Verwalters
Der zentrale Streitpunkt war, ob der Verwalter berechtigt war, bei der Abstimmung über seine eigene Abberufung als Vertreter anderer Wohnungseigentümer Stimmen abzugeben. Der Kläger argumentierte, dass der Verwalter in dieser Angelegenheit ein Stimmrechtsverbot habe und somit 24 abgegebene Stimmen ungültig seien. Er stützte sich dabei auf den Rechtsgedanken, dass niemand in eigener Sache über den Entzug einer Rechtsposition entscheiden dürfe. Der Kläger forderte, den Beschluss, die W GmbH nicht abzuberufen, für ungültig zu erklären.
Entscheidung des Amtsgerichts Brühl
Das Amtsgericht Brühl wies die Klage zunächst ab. Es stützte sich auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) München, wonach der Verwalter als Vertreter anderer Eigentümer auch über seine eigene Abberufung abstimmen könne. Die Begründung des Amtsgerichts lautete, dass der Verwalter als Vertreter der Miteigentümer handele und es daher um deren Rechte gehe. Eine Beeinträchtigung des Stimmrechts sah das Gericht nicht, da der Verwalter als Vertreter der Miteigentümer auftrat und nicht in eigener Sache stimmte.
Berufung vor dem Landgericht Köln
Der Kläger legte Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Brühl ein. Das Landgericht Köln entschied zugunsten des Klägers und erklärte den Beschluss zu TOP 6 für ungültig. Das Gericht schloss sich der herrschenden Meinung in der Literatur und der Entscheidung des OLG Düsseldorf an, wonach der Verwalter bei der Abstimmung über seine eigene Abberufung nicht als Vertreter anderer Wohnungseigentümer stimmberechtigt sei. Es verwies auf den Rechtsgedanken des §§ 712, 737 BGB, wonach niemand in eigener Sache über den Entzug einer Rechtsposition entscheiden dürfe. Der Verwalter habe durch die Ausübung von Vollmachten die Abstimmung unrechtmäßig beeinflusst.
Urteil des Landgerichts und Folgen
Das Landgericht hob das Urteil des Amtsgerichts Brühl auf und entschied, dass der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 5. Februar 2015 zu TOP 6 ungültig ist. Da der Verwalter als Bevollmächtigter von 24 Wohnungseigentümern an der Abstimmung über seine eigene Abberufung teilgenommen hatte, sei der Beschluss nicht ordnungsgemäß zustande gekommen. Das Gericht stellte klar, dass ein Verwalter in einer solchen Konstellation nicht zur Stimmabgabe berechtigt sei, da die Gefahr einer Interessenkollision bestehe und der Zweck eines Stimmrechtsverbots in der Wahrung der Neutralität liege.
Quelle: Landgericht Köln
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